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7 November, 2025

Test: Slate + Ash – Choreographs

Choreographs ist ein Abenteuerspielplatz für Produzenten experimenteller elektronischer Musik – und vermutlich eine der vielseitigsten Sound-Toolboxen, die ich bis jetzt kennenlernen durfte.

Im Kern bietet Choreographs eine umfangreiche Sammlung gesampelter Synthesizer. In der Instrumentenliste finden sich nicht nur moderne Hardware-Klangquellen, sondern auch viele Klassiker wie Roland Juno, Moog Grandmother, Yamaha CS-60, Jupiter, Prophet und viele weitere. Die Library deckt ein beeindruckend breites Spektrum an Klangfarben ab – von warm und analog bis gläsern futuristisch. Sogar einige Drum-Sounds sind enthalten.

Und für alle, die gern mit eigenen Sounds arbeiten: Eigene Samples können einfach per Drag & Drop auf eine der drei Voice-Sektionen geladen werden. So wird das Plug-in schnell zur persönlichen Klang-Spielwiese – ganz ohne Umwege über externe Sampler.


Die wahre Stärke: Klang in Bewegung

Die eigentliche Magie liegt im Modulations- und Bewegungskonzept. Statt Samples einfach nur abzuspielen, versteht Choreographs Klang als etwas, das sich bewegt, entwickelt und verändert.

Filter, Hüllkurven, Arpeggiator, Sequencer, Delay, Reverb, Random-Funktionen und mehrere LFOs stehen bereit, um lebendige Klangkurven zu gestalten. Häufig sind dadurch weitere Plug-ins in der Signalkette gar nicht nötigChoreographs kann problemlos komplette Klangarchitekturen allein formen.

Bewegung kann dabei auf unterschiedliche Weise entstehen:

  • per Mod-Wheel und manueller Performance
  • über LFOs für subtil schwebende Texturen
  • über Step-Sequencer für rhythmische Muster

Modulationsquellen lassen sich flexibel auf Voices, Filter oder Effekte routen. Und wem das noch nicht reicht, der findet im Bereich Trigger (im Grunde die Arpeggiator-Sektion) noch zahlreiche Möglichkeiten, rhythmische Variationen zu erzeugen – darunter auch den euklidischen Sequencer.

Das klingt erstmal hochtrabend, ist aber eigentlich ganz simpel: Man gibt vor, wie viele Anschläge innerhalb einer festgelegten Länge (z. B. 16 Schritte) verteilt werden. Dadurch entstehen rhythmische Muster, die sich angenehm von klassischen Arpeggios unterscheiden, weil sie weniger vorhersehbar und dadurch organischer und „musikalischer“ wirken.

Beispiel: Eine Note wird 16-mal in 16 Schlägen platziert, eine andere 8-mal, eine weitere 11-mal – jede entsteht in ihrem eigenen Puls.

Das Ergebnis wirkt oft wie ein fein verästeltes rhythmisches Geflecht.

Ein Tipp: Das „MW“ hinter den Preset-Namen steht übrigens für „ModWheel“ – das bedeutet, dass sich der Sound dieses Presets mit dem ModWheel beinflussen lässt.


Beats

Hervorzuheben sind auch die Beats, die sich mit Choreographs erzeugen lassen. Hier kommen Fans von Frickel-, Beep-, Klick-, Glitch- und IDM-Sounds voll auf ihre Kosten. Grundlage sind dabei weniger klassische Kick- und Snare-Samples, sondern Noise- und Synth-Impulse, die durch Arpeggiator, Envelope und kreativ eingesetzte Random-Funktionen zum Leben erweckt werden. Hier lohnt es sich, die Presets mal genauer unter die Lupe zu nehmen („Reverse Engineering“). Sehr inspirierend! Ich habe dadurch einiges dazugelernt.


Design

Das Design verdient eine eigene Erwähnung. Ich persönlich liebe das minimalistische, grau-tonige Helvetica-Interface. Nach einer kurzen Eingewöhnung wirken die zunächst abstrakt erscheinenden UI-Elemente völlig logisch und intuitiv.


Update & Preis

Gerade ist ein Update erschienen, das neben neuen Funktionen auch frische Presets von Künstlern wie Rival Consoles mitbringt. Im Zuge dessen ist Choreographs aktuell um 50 % reduziert.

Zum vollen Preis hätte ich kurz gezögert (auch wenn der Preis angesichts des Umfangs nachvollziehbar ist) – zum halben Preis freue ich mich jedoch über ein Instrument, das mich wirklich inspiriert, und das – ganz ohne Übertreibung – nahezu unendliche Klangmöglichkeiten eröffnet.

Einen umfangreichen Überblick und Erklärung der meisten Funktionen stellt Slate + Ash in diesem Video zur Verfügung:

slateandash.com/products/choreographs


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